So fing alles an …

Der Verein, der sich offiziell im Jahre 1952 gegründet hat, umschloß in den Jahren 1946 – 1952 ca. 33.600 qm Nutzfläche auf dem Gelände zwischen dem Columbiadamm, Golßener, Züllichauer und LilienthaIstraße.

In der größten Notzeit Berlins, im Juli 1946, wurden mit Genehmigung der Alliierten Kommandantura alle Grün- und Brachlandflächen Berlins zu Grabeland, zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, freigegeben. Im Zuge dieser Aktion wurde seitens des Gartenbauamts Tempelhof das oben beschriebene Gelände einzelnen Interessenten zur Verfügung gestellt. Jedem Liebhaber stand es frei, sich ein Stück planlos nach Gutdünken und Geschmack abzustecken. Alle Siedler waren sich untereinander fremd, jeder war sich selbst der Nächste und Rücksichtnahme auf den Nachbarn war kaum wahrnehmbar. Egoistische Eigenbrödeleien. entstanden durch die allgemeine Hungersnot, führten nicht zum Gemeinschaftsgeist. der gerade in einer Notzeit hätte entstehen müssen.

Das Gartenbauamt Tempelhof setzte, da es selbst die ParzelIierung nicht durchfuhren wollte, einen kommissarischen Obmann ein, der die Interessen des Gartenbauamtes Tempelhof vertreten sollte. Dieser Obmann, Herr Erwin Haube, konnte jedoch im Laufe der Zeit den wachsenden Anforderungen nicht entsprechen. Das Gartenbauamt Tempelhof bestellte daher zur Regelung seiner Interessen im Herbst 1946 die Herren Franz Kuhnert und Herbert Schulz zu Obmännern über die entstandene Grabelandkolonie. Beide waren verpflichtet, ordnungsmäßige und gleichmäßige Parzellen einzurichten und darüber hinaus die vom Gartenbauamt geforderten Pachtgebühren (in Höhe von 0,03 je qm und Jahr) abzuführen.

Gartenzwerge

Im Herbst des Jahres 1947 entwickelte sich die Grabelandkolonie zwangsläufig zu einer Nutzungsgemeinschaft, weil 1. das gesamte Gelände planmäßig genutzt werden sollte und 2. weil im Sommer 1947 Schwierigkeiten in der Wasserversorgung entstanden, die nur durch eine saubere Führung von seiten der bei den Obmänner überbrückt werden konnte. Wie bereits gesagt, führte die akute Wassernot in erster Linie zur Sammlung der Parzelleninhaber, zumal diese nicht mehr durch Eigenhilfe (Wasserentnahme aus dem Bassin des Flughafens) zurande kamen und die Hydranten der öffentlichen Wasserversorgung, welche zum Teil auf dem Gelände oder an der Peripherie der Kolonie lagen, nicht mehr widerrechtlich zur Wasserentnahme benutzt werden durften. Es war deshalb erforderlich. die Wasserversorgung auf legalem Wege sicher zu stellen, um nicht mit den Berliner Wasserwerken in Konflikt zu kommen. Herr Kuhnert ergriff aus diesem Grund die Initiative und rief mit Hilfe der Familie Max Boesel an einem Sonntag des Jahres 1947 eine Versammlung auf dem Gelände zwischen den noch aus der Kriegszeit vorhandenen Panzern und Geschützen ein. Herr Kuhnert stellte die Forderung, daß sich alle Kolonisten zusammenfinden müssten, um die Schwierigkeiten der Wasserverhältnisse zu beheben. Dazu wäre notwendig, daß jeder Siedler 10,– Reichsmark als Sicherheit hinterlegt und er wäre dann bereit, mit den Wassenwerken über Wasserlieferung zu verhandeln und diese sicher zu stellen. Im Laufe der Versammlung wurden die Forderungen des Herrn Kuhnert von AIlen grundsätzlich bejaht. Da aber nach Meinung des, in di“ Diskussion sich einschaltenden Herrn Herbert Schulz, die Verantwortung nicht nur auf Herrn Kuhnert als Einzelperson bei Abwicklung der finanziellen Verpflichtungen liegen sollte und dieses auch Herrn Kuhnert nicht zugemutet werden konnte, machte er den Vorschlag, alle Siedler listenmäßig zu erfassen und sie in einer Nutzungsgemeinschaft zu verpflichten. Dieser Vorschlag wurde allgemein angenommen und somit die Nutzungsgemeinschaft „Kolonie am Flughafen“ de facto gegründet.

Als Vorstand dieser Nutzungsgemeinschaft wurden die Herren Boesel/Vorsitzender, Kuhnert/Kassierer, Schulz/Schriftführer, gewählt.

Am 7. Dezember 1947 fand die erste Versammlung der Grabelandkolonie „Kolonie am Flughafen“ statt, welche vom Bezirksamt Kreuzberg unter Nummer 1152/P.V. 332 seinerzeit noch genehmigt werden mußte. Während der Versammlung wurde das Finanzwesen geordnet und alle notwendigen Schritte für den Aufbau der Kolonie besprochen und beschlossen.

Im Laufe des Jahres I 948 wurden von dem, bei der vorgenannten Versammlung. gewählten Vorstand eine Wasserleitung gelegt, eine Einfriedung erstellt und die Neu-Parzellierung der gesamten Kolonie durchgeführt.

Der erste gewählte Vorstand für das Jahr 1947/48 setzte sich wie folgt zusammen:

I. Vorsitzender          Herbert Schultz         II. Vorsitzender         Erna Raczkowski

I. Kassierer                 Franz Kuhnert           II. Kassierer                Franz Kölkes

I. Schriftführer           Helwig                       II. Schriftführer          Matthes

Ehrenvorsitzender   Max Boesel

Weitere Vorstandsmitglieder waren die Herren Mießfelder, E. Schulz, Butschke. Buchholz, Bemhard, Nantke und Frau Fuhrmann.

Die Wasserleitung wurde durch Gemeinschaftsarbeit und mit Unterstützung einzelner Siedler gelegt. Außer den Vorstandsmitgliedern waren bei der Verlegung der Leitung hauptsächlich die Herren Borde, Hütter, Willi Teske, Binting, Gennat, Hermann Schmidt und Gräber beteiligt.

Im Herbst 1948 mußten zum Schutze der Ernte Nachtwachen gestellt werden, die innerhalb des Geländes patrouillieren mußten. Weiterhin wurde im Jahr 1948 das Gelände vom Gartenbauamt Tempelhof an die Berliner Flughafen Gesellschaft abgegeben und die Pachtgebühren und sonstigen Geschäfte mußten daher zwangsläufig mit der Flughafen Gesellschaft geregelt werden.

Im Juli 1948 fand durch die Währungsreform eine zweimalige Abwertung des Kassenbestandes statt. Zur Erfüllung der laufenden Verpflichtungen mußten alle Mitglieder nach der Abwertung je 1,– DM- West und 1,– DM-Ost einzahlen. Die Pachtgebühren konnten in DM-Ost und das Wassergeld mußte in Verhältnissen entwickelte sich die Nutzungsgemeinschaft stetig vorwärts.

In jedem Jahr wurde eine Neuwahl des Vorstandes durchgeführt, der sich in den einzelnen Jahren wie folgt zusammensetzte: 1948 – 1950 Schulze, Kuhnert, Matthes, 1951 Schulz, Kuhnert, Rau.

Während der Amtsperiode des Vorstandes 1951 wurde am 1. April 1951 in einer außerordentlichen Versammlung der Verein „Kolonie am Flughafen e. V.“ gegründet. Die vom amtierenden Vorstand ausgearbeiteten Satzungen wurden beschlossen und allen Mitgliedern ausgehändigt. In der selben Versammlung wurde auf der neuen Satzung der Vereinsvorstand gewählt. Es waren die Herren Schulz, Kuhnert und Rau.

Im Jahre 1951 wurde das Koloniegelände von der Flughafn Gesellschaft an das Verwaltungsamt für ehem. Reichgrundbesitz übertragen und der noch heute bestehende Pachtvertrag mit dem Verwaltungsamt geschlossen.

Am 20. November 1951 wurde der Verein im Vereinsregister beim Bezirksamt Kreuzberg unter Nummer 7951 registriert.

Am 10. Februar 1952 fand eine Neuwahl des Vorstandes statt. Es wurden die Herren Rau, Peter und Stephan in den Vorstand gewählt. Während der Amtsperiode dieses Vorstandes wurde der Verein im Vereinsregister unter der Nummer 66VR/1418/Nz am 28. Mai 1952 bei dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als „e.V.“ registriert und hat damit seine volle Rechtsfähigkeit erlangt .

Alle sonst hier nicht aufgeführten Angaben über die Entstehung und Entwicklung des Vereins können aus den vorhandenen Protokollen und Akten ersehen werden.

Text von Gerhard Hahn (auf der Jahreshauptversammlung am 1.2.1953 zum 1. Schriftführer gewählt)